Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält die Regelung zum Verlustuntergang bei Kapitalgesellschaften bei Anteilsübertragungen von mehr als 25 % und bis 50 % für verfassungswidrig und hat den Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Neuregelung unter Fristsetzung zum 31.12.2018 aufgefordert.
Hintergrund: Der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft geht nach dem Gesetz teilweise unter, wenn mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber übertragen werden (sog. Mantelkauf). Der insoweit untergegangene Verlust kann dann nicht mehr zur Verrechnung mit künftigen Gewinnen genutzt werden. Im Jahr 2011 hat das Finanzgericht Hamburg (FG) das BVerfG angerufen, weil es die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig hält.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH, an der zwei Gesellschafter beteiligt waren. Sie verfügte zum 31.12.2007 über einen Verlustvortrag von ca. 600.000 €. Im Januar 2008 übertrug einer der beiden Gesellschafter seine Beteiligung im Umfang von 48 % auf D. Das Finanzamt kürzte daraufhin den Verlustvortrag um 48 %. Das FG hielt die gesetzliche Regelung über den Verlustuntergang für verfassungswidrig und rief das BVerfG an.
Entscheidung: Das BVerfG folgte der Auffassung der Hamburger Finanzrichter:
Hinweise: Das BVerfG hält die Regelung in der bis zum 31.12.2015 bestehenden Fassung für verfassungswidrig, soweit sie Anteilsübertragungen von mehr als 25 % bis zu 50 % betrifft. Der Gesetzgeber muss nun eine rückwirkende Neuregelung für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.12.2015 treffen und hat dafür bis zum 31.12.2018 Zeit. Unterbleibt eine Neuregelung, wird das Gesetz am 1.1.2019 rückwirkend zum 1.1.2008 nichtig; die Verluste gehen dann nicht unter, soweit die Bescheide angefochten worden sind oder noch verfahrensrechtlich offen sind.
Nicht unmittelbar von der Entscheidung des BVerfG betroffen ist die Verlustuntergangsregelung für Anteilsübertragungen von mehr als 50 %. Hier geht der Verlust nach dem Gesetz vollständig unter. Ob diese Regelung ebenfalls verfassungswidrig ist, musste das BVerfG nicht entscheiden.
Ab dem 1.1.2016 hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Verlustuntergang durch eine neue Vorschrift eingeschränkt, wenn der Betrieb der Kapitalgesellschaft nach der Anteilsübertragung fortgeführt und nicht eingestellt oder verändert wird. Zur Verfassungsmäßigkeit der neuen Rechtslage hat sich das BVerfG nicht geäußert.
(BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017 – 2 BvL 6/11)